Rosinenpickerei widerspricht dem Solidaritätsprinzip
Kolpingwerk Deutschland kritisiert Entsolidarisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung
„Mit großer Sorge nimmt das Kolpingwerk Deutschland die Feststellungen des Tätigkeitsberichts 2012 des Bundesversicherungsamtes zur Kenntnis, in dem das Amt scharfe Kritik an der Anwerbepraxis verschiedener gesetzlicher Krankenkassen geübt hat“, erklärt Martina Stabel-Franz. Sie ist Mitglied im Bundesvorstand des katholischen Sozialverbandes mit mehr als 250.000 Mitgliedern. „Es widerspricht dem Prinzip der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn, wie vom Bundesversicherungsamt gerügt, gesunde und leistungsstarke Versicherte angeworben werden und für diese entsprechende Bonuszahlungen an Vertriebspartner geleistet werden.“ Ebenso verwerflich seien die Versuche, Kranke und Alte telefonisch zum Wechsel der Krankenkasse zu drängen. „Unser System der gesetzlichen Krankenversicherung wird vom Solidaritätsprinzip getragen. Die zum Teil praktizierte ‚Rosinenpickerei‘ steht hierzu im eklatanten Widerspruch“, ergänzt Stabel-Franz.
Das Kolpingwerk Deutschland nehme diese Entwicklungen der Entsolidarisierung zum Anlass, seine Forderungen zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung erneut in den Diskurs einzubringen. „Die gesetzliche Krankenversicherung steht dafür, Menschen unabhängig von ihrem Einkommen und den Vorerkrankungen eine gute medizinische Versorgung zu bieten. Die Bewerbung nur bestimmter Personengruppen verstößt gegen das Diskriminierungsverbot und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Sozialgesetzbuches“, betont Stabel-Franz. Ein solches Vorgehen sei umgehend einzustellen.
Die Forderung des Bundesgesundheitsministers Daniel Bahr nach einer völligen Wahlfreiheit zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung ist für das Kolpingwerk Deutschland ebenfalls nicht nachvollziehbar. „Sie würde im Ergebnis dazu führen, dass junge Versicherte durch günstige Beitragssätze in die private Krankenversicherung abwandern und die gesetzliche Krankenversicherung langfristig dieser Entwicklung nur durch höhere Beitragssätze entgegensteuern kann, zumal sich die privaten Krankenkassen weiter hin weigern dürften, Risikoversicherte aufzunehmen“, kritisiert Stabel-Franz. Die Finanzierung einer Solidargemeinschaft wie der gesetzlichen Krankenversicherung, müsse sich am Einkommen und nicht am Alter orientieren, betont das Kolpingwerk. „Wir fordern daher die Pflichtmitgliedschaft aller Bürgerinnen und Bürger in der gesetzlichen Krankenversicherung“, betont Stabel-Franz. Hierbei solle die gesetzliche Krankenversicherung die Grundleistungen medizinischer Versorgung abdecken. „Die privaten Krankenversicherungen und Pflegeversicherungen sollen ausschließlich hierauf aufbauend Zusatzleistungen anbieten.“
Um eine Beitragsstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung dauerhaft sicher zu stellen fordert das Kolpingwerk bereits seit Jahren den Einbezug weiterer Einkommensarten und die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze auf die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung. „Darüber hinaus ist es erforderlich, die Beitragshoheit umgehend wieder in die Autonomie der Verwaltungsräte zurückzuführen“, betont das Kolping-Bundesvorstandsmitglied.
Besorgt ist das Kolpingwerk Deutschland auch darüber, dass das Bundesversicherungsamt auch im Umgang der Pflegekassen mit den Pflegebedürftigen kritisiert hat, dass die Pflegekassen ihrer Informations- und Beratungspflicht nicht ausreichend nachkämen. Auch hier gelte es, die bestehenden Missstände im Interesse der Versicherten schnellstens zu beseitigen.
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